Tamara Garnatz - tamline, 3. November 2010

Goldene Lieblinge auf vier Pfoten suchen ein Zuhause

Gefragt sind echte und treue Hundefreunde, die wahre Verantwortung tragen

Freudestrahlend läuft die zehnjährige Labradorhündin Blondie ihrem Pfleger Raphael entgegen, gefolgt von ihrer Freundin Goldy, der neunjährigen Golden Retrieverhündin. Um sie herum sind unzählige Bäume, es ist Herbst und das Gelände, auf dem beide Hündinnen gerade ihren Auslauf haben, liegt mitten im Wald in Recklinghausen Süd, in der Nähe des Südparks. Der Natur nahe zu sein und ihr Leben nicht in einem Keller verbringen zu müssen, muss für beide Hündinnen wahres Glück bedeuten. Noch vor einem halben Jahr wurden sie von einem Züchter in Recklinghausen jahrelang in einem Keller festgehalten. Während dieser Zeit hatten sie von der Welt nicht viel gesehen. Hier im Tierheim können die Hündinnen sich austoben. Ebenfalls nicht unweit des Tierheimes ist die Autobahnkreuzung A 43/ A 2. Die Bäume schirmen den größten Teil des Lärmes ab. Mit dem Auto ist das Tierheim am schnellsten zu erreichen. Zu Fuß dauert es von der Bushaltestelle aus etwa zehn Minuten.

Als Goldy und Blondie vor einem Monat im Tierheim Recklinghausen abgegeben wurden, mussten sie sich gedacht haben, dass sie schon wieder unerwünscht sind. Die Familie, die diese beiden Hündinnen vor einem halben Jahr bei sich aufnahm, rettete sie vor dem Züchter und gab sie wegen ihrem Umzug an das Tierheim ab und nahm sie nicht mit. Der Züchter, der Goldy und Blondie jahrelang in einem Keller einsperrte, missbrauchte die Hündinnen als Zuchtmaschinen. Was das bedeutet, ist einem Laien vorerst unklar, er muss mehr über Hunde im Allgemeinen wissen, vor allem über die Hunderassen Golden Retriever und Labrador Retriever. Nun suchen beide Hündinnen wieder ein neues Zuhause, wo sie ihren Lebensabend nach all ihren Qualen und Strapazen noch in Ruhe genießen dürfen und bleiben können. Der Züchter wird zur Zeit von der Staatsanwaltschaft zur Rechenschaft gezogen, wie das Tierheim Recklinghausen informiert.


Auch im Ausland ist die Hundemafia tätig

Viele Golden Retriever und Labradore erleiden ähnliche Schicksale wie Goldy und Blondie. Nicht nur bei uns in Deutschland sind solche Fälle bekannt, sondern auch im Ausland. Ein Beispiel zeigt der gemeinnützig anerkannte Verband Retriever in Not e.V. (RiN) aus Hagenbusch. Seit zehn Jahren kümmert sich RiN um Hunde in Deutschland und im Ausland, die unter schlechten Bedingungen gehalten und für die Zucht missbraucht wurden. Nach dem Stand von Januar 2010 konnte dieser Verein bisher schon etwa 3.000 Hunde vermitteln. 2008 rettete RiN zahlreiche Golden Retriever und Labradore aus Zuchtanlagen in Spanien. Viele dieser Hunde kamen ursprünglich als Welpe illegal aus Russland, über Italien und Frankreich, nach Spanien. In Österreich und Deutschland sind die Kontrollen strenger, sodass die Hundemafia in diesen Ländern eher mit Strafen konfrontiert wird. In Spanien verbrachten die Hunde ihr Leben unter freiem Himmel hinter Gittern. Durch die Hitze war das Wasser oft verschmutzt und das Futter häufig verdorben. Zudem waren die Hunde die meiste Zeit sich selbst überlassen. Einige von ihnen sind daher menschenscheu. Eine typische Mittelmeerkrankheit, die diese Hunde mitbringen, ist die Babesiose. Sie wird durch Zeckenbisse übertragen und zerstört weiße Blutkörperchen, wodurch eine Anämie entsteht. In Deutschland fanden nach der Rettungsaktion alle Golden Retriever und Labradore liebevolle Pflegefamilien.


Wie Hunderassen legal gezüchtet werden

Seriöse Züchter sind im Register des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) eingetragen und verfügen über einen Nachweis darüber. „Die dem VDH angeschlossenen Zuchtvereine kontrollieren ihre Züchter und deren Zuchtstätten.“, teilt der Verein RiN mit. Eine Zuchthündin darf nicht mehr als einen Wurf Welpen im Jahr bekommen, sonst besteht der Verdacht auf Massenzucht und Missbrauch. Der deutsche Retriever Club e.V. (DRC) ist der älteste und größte Retrieververein in Deutschland. Er weiß, dass der Golden Retriever und der Labrador Retriever bei einer artgerechten Haltung ausgeglichene Hunde sind. Sie sind temperamentvoll, anpassungsfähig und menschenfreundlich. Weitere kennzeichnende Merkmale dieser Rassen sind ihre Ausdauer und der ausgeprägte Wille ihrem Führer zu folgen. Der Golden Retriever zeichnet sich zudem durch seine besonders sanfte Wesensart aus, während der Labrador Retriever durch seinen muskulöseren und breiteren Körperbau hervorragt. Er hat dadurch etwas mehr Kondition als der Golden Retriever und wird gerne mit Arbeiten belastet, bei denen er seine Kräfte nutzen kann. Beide Hunderassen sind vor allem bei Familien beliebt und werden auch als Behindertenhunde oder Rettungshunde ausgebildet. Ursprünglich kommen der Golden Retriever und der Labrador Retriever aus England. Dort wurden sie früher vorwiegend für die Jagd eingesetzt. Als Zuchthündinnen oder Deckrüden brauchen sie deshalb ebenfalls viel Auslauf sowie Beschäftigungen, wie Spiele oder Jagdübungen, denen sie nachgehen können. Negativ fallen die Hunde auf, die Aggressionen, Angst und Nervosität zeigen. Diese Verhaltensweisen zeugen von einer nicht artgerechten Haltung. Der DRC erklärt, dass solche Verhaltensweisen beim Golden Retriever und Labrador Retriever untypisch sind. In der monatlich erscheinenden Zeitung „Der Retriever“, die der DRC veröffentlicht, können regelmäßig Informationen über die einzelnen Retrieverrassen nachgelesen werden. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Retrieverrassen: Chesapeake Bay Retriever, Curly Coated Retriever, Flat Coated Retriever, Golden Retriever, Labrador Retriever und Nova Scotia Duck Tolling Retriever.

Im Moment sind Goldy und Blondie noch in der Obhut ihres Pflegers Raphael, der sich aufopferungsvoll um sie kümmert. Mehrmals am Tag gewährt Raphael den beiden Hündinnen freien Auslauf. „Sie sind nur lieb“, sagt er. Goldy und Blondie lieben es, viele Streicheleinheiten zu bekommen. Raphael schätzt, dass sie noch etwa fünf Jahre leben können. Zum Spielen ist höchstens die aufgewecktere Blondie zu bewegen. Bekommt sie ein quietschendes Spielzeug zugeworfen, schnappt sie es sich gelegentlich wie eine Beute und spielt ein wenig damit. Die zurückhaltende Goldy zeigt dabei kein Interesse und wendet sich ab. Goldy gilt als besonders ängstlich und unsicher. RiN beschreibt einen ähnlichen Hund wie Goldy, die Labradorhündin Nuila. In ihrer Beschreibung heißt es, dass dieser eingeschüchterten Hündin mit viel Einfühlungsvermögen, Zeit und Ruhe geholfen werden kann. Blondie erscheint als temperamentvolle und menschenfreundliche Hündin. Im Auslaufgehege läuft sie gerne viel umher und wirkt dabei ausgeglichen, während Goldy die meiste Zeit sehr teilnahmslos ist und sich kaum traut, sich zu bewegen. Auf den ersten Blick erweckt Blondie deshalb nicht den Eindruck, dass sie äußerst schlimme Erfahrungen hinter sich hat. Das Tierheim Recklinghausen selbst weiß nicht viel über den Züchter, der Goldy und Blondie zuletzt für seine Massenzucht missbrauchte. Bisher schaut sich Goldy von ihrer lebhaften Freundin Blondie vieles ab. Eigentlich würden beide Hündinnen sich gerne etwas von einem menschengewöhnten Hund abschauen, vermutet das Tierheim Recklinghausen. Aber die Tierfreunde sind sich sicher, dass Goldy und Blondie ihr jetziges Leben auch ohne einen menschengewöhnten Hund meistern können, am liebsten jedoch gemeinsam und in einem neuen behaglichen Zuhause, wo sie bleiben können.

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